Keine nachträgliche Prüfung von Strukturmerkmalen im Rahmen der Einzelfallprüfung

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Derzeit sind noch eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren anhängig, in denen insbesondere die Bahn-BKK Ende 2018 Rückforderungsansprüche gegen Krankenhäuser mit der Begründung geltend gemacht hat, dass für die Codierung der OPS-Code für Komplexbehandlungen angeblich die Strukturmerkmalen fehlten, wobei teilweise gar keine Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst (MD) eingeleitet worden waren oder diese sich nicht auf die Prüfung von Strukturmerkmalen bezogen haben. In vielen Verfahren hat die Krankenkasse das Fehlen von Strukturmerkmalen auch schlicht ohne Prüfung des Behandlungsfalles ins Blaue hinein in Abrede gestellt.

Das Sozialgericht Aachen hat dazu in einer Entscheidung vom 07.07.2020 (- S 14 KR 560/19 -) allerdings klargestellt, dass die fehlende Einzelprüfung nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt. werden kann.

Das Gericht hat dabei zunächst unter sehr detaillierter Darstellung des Wortlauts und systematischen Zusammenhangs des OPS-Kodes 8-550 für de geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung klargestellt, dass es nicht erforderlich ist, dass über das Gesamtjahr im betreffenden Krankenhaus jederzeit eine adäquate Vertretungsmöglichkeit für die ärztliche Behandlungsleistung und die qualifizierte Pflegekraft vorgehalten werden muss. Vielmehr ist eine Abrechnung der Leistung nach dem OPS-Kode nach dem SG Aachen schon dann möglich, wenn die für die Abrechnung erforderlichen Strukturmerkmale in Bezug auf die Qualifikation von Arzt und Pflegekraft grundsätzlich gegeben sind und eine Versorgung im individuellen Leistungsfall jeweils sichergestellt ist.

Noch wichtiger ist die Feststellung des SG Aachen, dass die Krankenkassen nach Abschluss des Prüfverfahren bzw. dann auch ohne Einleitung eines Prüfverfahrens mit einzelfallbezogenen Einwendungen gegen die Abrechnung des Krankenhauses ausgeschlossen ist, wozu auch die Einwendung gehört, dass die Voraussetzungen für die Abrechnung der Komplexbehandlung im konkreten Einzelfall nicht erfüllt seien.

In der Entscheidung war das Prüfverfahren durch den MD bereits ohne Beanstandung abgeschlossen, so dass der Ausschluss mit weiteren Einwendungen nach dem SG Aachen bereits aus den in der Prüfverfahrensvereinbarung vorgesehenen Ausschlussfristen folge, die auch mit Blick auf die Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs., 2 KHG nicht zu beanstanden seien (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 19.11.2019 – B 1 KR 33/18 R –).

Die Entscheidung des SG Aachen ist zu begrüßen und stellt noch einmal klar, dass das gerichtliche Verfahren nicht dazu ist, erst nach Abschluss des Prüfverfahrens vorgebrachte Einwendungen der Krankenkassen gegen die Abrechnung zu prüfen, womit dann auch der Sinn und Zweck der in der Prüfverfahrensvereinbarung geregelten Ausschlussfristen sowie des gesamten Prüfverfahrens in Frage gestellt würde. Nichts anderes kann dann aber gelten, wenn die Krankenkasse gar kein Prüfverfahren eingeleitet hat und die einzelfallbezogenen Einwendungen erst im gerichtlichen Verfahren erhebt.  Auch hier muss es bei einem umfassenden Einwendungsausschluss bleiben, so dass es den Sozialgerichten auch verwehrt ist, durch Vorlage der Behandlungsunterlagen, die Einhaltung der Strukturmerkmale im Einzelfall zu prüfen.

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