Stationäre Behandlung bei sofortiger Verlegung?

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Einige Krankenkassen verweigern Krankenhäusern die Vergütung einer stationären Behandlung, wenn nach der Aufnahme eine zeitnahe Verlegung in ein anderes Krankenhaus erfolgt. Nach Ansicht der Krankenkassen ist dann auch bei schwerwiegenden Notfällen lediglich eine ambulante Notfallbehandlung zu vergüten, selbst wenn eine intensivmedizinische Behandlung eingeleitet worden ist.

Dieser Ansicht hat das Landessozialgericht für das Saarland in einer aktuellen Entscheidung vom 23.07.2019 (- L 2 KR 2/18 -) widersprochen. Die Entscheidung wurde durch unsere Kanzlei erstritten.Der Entscheidung lag eine aktue Notfallbehandlung im Schockraum des Krankenhauses mit Intubation und maschineller Beatmung zugrunde. Aufgrund einer Hinrblutung wurde der Patient zeitnah in ein anderes Krankenhaus verlegt, in welchen dann die neurochirurgische Versorgung erfolgte.

Das LSG betont zunächst unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des BSG, was unter Aufnahme in das spezifische Versorgungssystems eines Krankenhauses nach § 39 SGB V zu verstehen ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19.09.2013 – B 3 KR 34/12 R –), wobei im entschiedenen Fall die stationäre Behandlungsbedürftigkeit des Patienten aufgrund der Hinrblutung völlig außer Streit stand. Daher sei nach Ansicht des Gerichts auch die Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes aufgrund der Einlieferung als akuter Notfall nicht zu beanstanden. Die personal- und geräteintensive Versorgung im Schockraum stellt aber nach überzeugender Meinung des Gerichts keine „ambulante Notfallversorgung“ dar, sondern dokumentiert gerade die notwendige Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses und stellt damit auch eine Einleitung der stationären Behandlung dar.

Die nachfolgende Verlegung, die begriffsnotwendig auch eine Aufnahmeentscheidung in ein anderes Krankenhaus voraussetzt, ändert an der begonnenen stationären Behandlung und dem daraus folgenden Vergütungsanspruch des aufnehmenden Krankenhauses  nichts. Zwar sind Konstellationen denkbar, in denen eine zeitnahe Weiterbehandlung in einem anderen Krankenhaus die stationäre Behandlung auch erst dann beginnen lässt (etwa wenn die Verweisung in ein anderes Krankenhaus nach einer bloßen AUfnahmeuntersuchung in der Krankenhausambulanz erfolgt – vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.03.2018 – L 24 KA 25/17 -). Dies sei aber nicht anzunehmen, wenn die Behandlung bei einer akuten lebensgefährlichen Verletzung gerade das spezfische Versorgungssystem eines Krankenhauses erfordert, wie dies bei der Behandlung im Schockraum der Fall ist.

Der Entscheidung ist uneingeschränkt zu zustimmen. Die Aufnahme eines akuten Notfalls und Behandlung in einem Schockraum hat mit einer ambulanten Notfallversorgung nichts zu tun, sondern ist ein Musterfall für eine stationäre Behandlung. Ergibt sich dann im zeitnahen Zusammenhang die Notwendigkeit einer Verlegung, lässt dies den Vergütungsanspruch des aufnehmenden Krankenhauses nicht entfallen und macht die statiomäre Behandlung auch nicht zu einer ambulanten Notfallbehandlung.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de.

Meinungen zu diesem Beitrag

  1. Sandra Büchner am

    Sehr geehrte Rechtsanwälte, gibt es neue Erkenntnisse bezüglich Notwendigkeit der stationären Abrechnung bei Verlegung?
    Aktuell akzeptieren wir die Ablehnung der stationären Rechnung durch die Kassen, wenn bei Aufnahme schon feststand, das eine Weiterversorgung in unserem Haus nicht möglich ist und eine Verlegung in eine andere Klinik nötig ist.
    Für eine Rückinfo wäre ich Ihnen dankbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    Sandra Büchner

  2. Dr. Florian Wölk am

    Sehr geehrte Frau Büchner,

    vielen Dank für Ihren Kommentar. Leider gibt es in der Praxis aus unserer Erfahrung keine neuen Erkenntnisse. Die problematische BSG-Entscheidung wird weitgehend von den Instanzgerichten umgesetzt. Teilweise wird in entsprechenden Verfahren diskutiert, wie lange die Behandlungsdauer sein muss, um von einer stationären Aufnahme auszugehen. Hier liegen aber noch keine belastbaren gerichtlichen Entscheidungen vor.

    Mit freundlichen Grüßen

    Florian Wölk

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