Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen im Krankenhaus

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Die Problematik von ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus ist nach wie vor ein umstrittenes Thema, welches durch den aktuellen Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung nicht gelöst werden wird.

Während einige Krankenkassen versuchen auch aufwendige Behandlungen von Notfällen in spezifischen Schockräumen  bei sofortiger Verlegung in ein anderes Krankenhaus als „ambulante Behandlung“ der Vergütung durch die Kassenärztlichen Vereinigung zu zuweisen, versuchen die Kassenärztlichen Vereinigungen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung entsprechende Notfallbehandlungen als stationäre Behandlungen der Direktvergütung durch die Krankenkassen zu zuweisen. Problematisch ist in diesen Behandlungsfällen immer, dass die Patienten aufgrund der Schwere der Verletzungen völlig unstrittig einer stationären Behandlung im Sinne des § 39 SGB V bedürfen und auch die Notfallversorgung im zunächst aufnehmenden Krankenhaus weit über das Maß einer ambulanten Erstversorgung durch einen Vertragsarzt oder in einer Notfallpraxis hinausgeht, allerdings aufgrund der zeitnahen Verlegung in eine spezialisierte Klinik keine Eingliederung in das aufnehmende Krankenhaus über 24 Stunden erfolgt.

Während das LSG Saarbrücken in einer Entscheidung vom 23.07.2019 (- L 2 KR 2 18 -) bei einer entsprechenden Behandlung von einer stationären Behandlung ausging, hat der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG nun in einer Entscheidung vom 11.09.2019 (- B 6 KA 6/18 R -) eine sachlich-rechnerische Berichtigung entsprechender Behandlungsfälle durch die Kassenärztliche Vereinigung beanstandet und die Auffassung vertreten, dass die spätere Aufnahme in ein anderes Krankenhaus einer Vergütung der Notfallbehandlung im zuerst tätigen Krankenhaus als ambulante Behandlung nicht entgegenstehe.

Das BSG meint dazu zunächst, dass allein die Behandlung in einer Notfallambulanz keine Aufnahme in ein Krankenhaus darstelle, weil keine Eingliederung des Patienten in das spezifische System des Krankenhaus erfolge, welches durch äußere Merkmale wie Einweisung in eine Station, Zuweisung eines Bettes und ähnliches bestimmt werde (so bereits BSG, Urteil vom 19.09.2013 – B 3 KR 34/12 R –). Daran ändere auch die spätere Aufnahme in ein anderes Krankenhaus zur stationären Behandlung nichts, wenn bereits zum Zeitpunkt der Behandlung in der Notfallambulanz die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit feststehe.

Das BSG weist durchaus zutreffend daraufhin, dass auch die Leistungen in einer von der Kassenärztlichen Vereinigung betriebenen Notfallpraxis oder in einer Praxis eines Vertragsarztes nicht dadurch zu stationären Behandlungen werden, wenn zum Zeitpunkt der Behandlung des Patienten bereits eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit bestand.

Entscheidend ist für das BSG die Abgrenzung zur Aufnahme in das Krankenhaus, wozu es eine Parallelwertung zu seiner Rechtsprechung zum ermächtigten Krankenhausarzt anstellt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 12.11.2013 – B 1 KR 22/12 R –). Danach liegt nach Ansicht des BSG eine einheitliche stationäre Behandlung vor, wenn aufgrund der Behandlung in der Notfallambulanz auch eine daran anschließende stationäre Behandlung im gleichen Krankenhaus erfolgt. Erfolgt dagegen eine sofortige Verlegung des Patienten in ein anderes Krankenhaus, stelle sich die Notfallbehandlung als ambulante Behandlung – wie durch einen Vertragsarzt oder eine Notfallpraxis – dar, die nur darauf ausgerichtet sei, die Behandlungsbedürftigkeit zu untersuchen und den Patienten mit ambulanten Mitteln erstzuversorgen. Dabei weist das BSG explizit daraufhin, dass die ambulante Vergütung entsprechender Notfälle aufgrund der relativ geringen Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung auch keine Fehlanreize setze.

Die im Ansatz durchaus nachvollziehbare Differenzierung des BSG hat aber einen Fehler, wenn die Notfallbehandlung deutlich über das Maß einer ambulanten Notfallbehandlung hinausgeht, welche in der „normalen“ ambulanten Versorgung als „ambulante Erstversorgung“ üblich ist. Gerade die Behandlung von Schwerstverletzten oder lebensbedrohlich erkrankten Patienten, welche auch im Rahmen der Notfallversorgung auf die spezifischen Einrichtungen und das entsprechend qualifizierte Personal von Krankenhäusern angewiesen sind (wie z.B. bei der Behandlung im Schockraum) ist mit dieser Differenzierung nicht zu erfassen. Denn die zeitnahe Verlegung eines entsprechenden Patienten in ein spezialisiertes Krankenhaus kann den erheblichen Aufwand der Notfallbehandlung im Krankenhaus schwerlich als normale „ambulante Erstversorgung“ erscheinen lassen. Insofern mag die vom BSG vorgenommene Differenzierung durchaus für Notfallbehandlungen im Krankenhaus im Rahmen der normalen ambulanten Erstversorgung überzeugen. Für die aufwendigen Notfallbehandlungen, die nur im spezifischen Versorgungssystem eines Krankenhauses erfolgen können, ist die Differenzierung nicht geeignet. Hier ist vielmehr bereits mit Beginn der Notfallbehandlung von einer einheitlichen stationären Behandlung mit anschließender Verlegung auszugehen.

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