Vierjährige Verjährung des Anspruches auf Aufwandspauschale

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Auch aktuell wird noch über die Verjährung des Anspruches der Krankenhäuser auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V aF gestritten. Einige Gerichte habe dazu die Auffassung vertreten, dass für diesen Anspruch die kurze dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB auch für den Anspruch aus § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V aF gelte (vgl. dazu SG Speyer, Urteil vom 10.06.2021 – S 17 KR 507/20 -).

Diesen Ansichten ist aber das LSG Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 07.12.2022 (– L 10 KR 102/22 KH –) entgegengetreten und hat für die Ansprüche der Krankenhäuser auf die vierjährige Verjährungsfrist nach § 45 Abs. 1 SGB I abgestellt.

Die vierjährige Verjährung ist danach Ausdruck eines allgemeinen Rechtsprinzips des Sozialrechts (so BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 11/15 R –) und war dementsprechend vor der gesetzlichen Verkürzung der Verjährungsfrist noch bei allen Ansprüchen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen nach dem Vierten Kap SGB V zu beachten (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 26/14 R –). Inwieweit sich hieran mit dem Inkrafttreten des § 109 Abs. 5 SGB V zum 01.01.2019 etwas geändert hat, der für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen sowie Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen nunmehr ausdrücklich eine zweijährige Verjährung vorsieht, musste das Gericht nicht entscheiden, weil diese Neuregelung ausdrücklich nicht für Ansprüche gilt, die vor dem 01.01.2019 entstanden sind (§ 109 Abs. 5 Satz 3 SGB V).

Einer Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist als allgemeinem Rechtsprinzip steht auch § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht entgegen. Danach gelten für die Rechtsbeziehungen nach § 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem Vierten Kap SGB V vereinbar sind.

Dabei mag dahinstehen, ob dies bereits daraus folgt, dass das BGB gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V nur „im Übrigen“ entsprechend gilt, obwohl der Geltungsbereich „im Übrigen“ nur in Abgrenzung zu § 69 Abs 1 S 2 SGB V bestimmt werden kann, der die Verjährung gerade nicht regelt. Zudem regeln nach § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB V die dort in Bezug genommenen Vorschriften die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und -häusern ausdrücklich „abschließend“.

In jedem Fall aber gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB V die Vorschriften des BGB nur entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem Vierten Kap SGB V vereinbar sind. Nachdem ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch in Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten grundsätzlich die vierjährige Verjährungsfrist gilt, so dass eine solche Unvereinbarkeit vorliegt, wenn nur für den Anspruch auf Aufwendungsersatz etwas anderes gälte, zumal für eine solche Ungleichbehandlung kein sachlicher Grund erkennbar ist.

Von einer Anwendbarkeit der vierjährigen Verjährung in Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten ist auch der Gesetzgeber ausgegangen, der diese Rechtslage bis zur Einführung der zweijährigen Verjährung nach § 109 Abs. 5 SGB V unverändert gelassen hat.

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 69 Abs. 1 SGB V seinerzeit die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern grundsätzlich dem öffentlichen Recht unterstellen und dabei lediglich die Anwendbarkeit des Kartellrechts ausschließen und einen Zuständigkeitsstreit insbesondere zwischen der ordentlichen und der Sozialgerichtsbarkeit auflösen wollte.

Vor diesem Hintergrund verfängt auch die Rechtsansicht der Krankenkassen nicht, wonach die Aufwandspauschale eine Art des Aufwendungsersatzes gem. § 670 BGB und deshalb die dreijährige Verjährung des bürgerlichen Rechts einschlägig sei. Selbst wenn diese rechtliche Einordnung zuträfe, ließe sich aus dem Rechtscharakter der Aufwandspauschale nicht zwingend auf die Dauer der Verjährung schließen, erst recht nicht, wenn dies im Ergebnis allgemeinen Rechtsprinzipien widerspräche.

Die Entscheidung ist zu begrüßen und sollte die „Altfälle“ der noch offenen Ansprüche auf Zahlung der Aufwandspauschale vor dem 01.01.2019 eigentlich klären. Leider wird aber aller Voraussicht die Verjährungsfrage durch das BSG zu entscheiden sein.

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