Wenn aus „blinder Alarm“ „Blinddarm“ wird – Sprachbarrieren im Krankenhaus

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Dieser zugegebenermaßen provokative Titel geht auf ein Interview des Präsidenten der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery zurück, dass am 09.05.2016 in der ÄrzteZeitung veröffentlicht worden ist.

Montgomery warnt in dem Interview vor den Gefahren durch schlechte Sprachkenntnisse in Deutschland arbeitender Ärzte.

Wir haben uns bereits mehrfach dem Thema Aufklärung gewidmet. In den Artikeln „Die Aufklärung fremdsprachiger Patienten“ und „Ärztliche Aufklärung und Sprachbarrieren“ haben wir uns mit der Problematik befasst, wie sprachunkundige Patienten aufgeklärt werden können.

Dieser Artikel beleuchtet nun die umgekehrte Problematik. Was ist eigentlich, wenn der Aufklärende Sprachbarrieren aufweist?

Die Anforderungen an die Aufklärung normiert § 630e BGB. Gemäß § 630d BGB ist vor der Durchführung einer medizinischen Maßnahme die Einwilligung des Patienten einzuholen. Erforderlich hierzu ist, dass der Patient nach Maßgabe von § 630e BGB aufgeklärt worden ist (§ 630d Abs. 2 BGB).

Jeder ärztliche Eingriff in den Körper oder die Gesundheit des Patienten, der ohne wirksame Einwilligung durchgeführt wird, stellt eine rechtswidrige Körperverletzung dar.

Gemäß § 630 e Abs. 2 Nr. 2 BGB muss die Aufklärung für den Patienten verständlich sein.

Dementsprechend darf eine Aufklärung nur von einem Arzt vorgenommen werden, wenn dieser der deutschen Sprache hinreichend mächtig ist (vgl. Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 30.05.2003, Az.: 17 C 344/03).

Das Gericht führt in der vorbezeichneten Entscheidung aus, dass durch ein Aufklärungsgespräch mit einem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Arztes, der Patient nicht in die Lage versetzt werden kann, eine eigene Entscheidung über die Durchführung eines Behandlungseingriffes unter Abwägung des Für und Wider zu treffen. Demzufolge ist von einer unzureichenden Aufklärung auszugehen, wenn der Patient auf Grund der Sprachbarrieren der Aufklärung des Arztes nicht folgen kann. In einem solchen Fall kann der Patient nicht wirksam in die Behandlung einwilligen.

In der Entscheidung des AG Leipzig, die bisher übrigens die einzige Entscheidung betreffend diese Problematik ist, wird zudem darauf hingewiesen, dass ein unterzeichneter Aufklärungsbogen kein Indiz dafür ist, dass die Aufklärung ordnungsgemäß erfolgt ist. Hier schlägt sich der Grundsatz der Mündlichkeit der Aufklärung durch.

Ein Mangel der Aufklärung geht hierbei nicht nur zu Lasten des Arztes. Das Krankenhaus selbst trifft die Pflicht, eine Qualitätssicherung zu betreiben und dafür Sorge zu tragen, dass das eingesetzte Personal für die vorgesehenen Aufgaben hinreichend qualifiziert ist. Sind Ärzte in einem Krankenhaus tätig, deren Deutschkenntnisse (noch) nicht ausreichen, um eine verständige Aufklärung durchzuführen, müssen organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, damit die Aufklärung durch einen sprachkundigen Arzt vorgenommen wird.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de.

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