Zur gebührenrechtlichen Selbständigkeit einer technischen Innovation in der GOÄ

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Gerade in der Diskussion über die Vergütung neuartiger Behandlungsmethoden, die in der GOÄ von 1996 noch nicht enthalten sind, wird immer wieder von den Kostenträgern eingewendet, dass „bloße“ technische Innovationen“ bei der Durchführung keine selbständige Leistung sei und daher auch nicht durch eine Analogziffer nach § 6 Abs. 2 GOÄ zu vergüten sei.

So meint die Landeskrankenhilfe V.V.a.G. in einigen Verfahren zur Erstattungsfähigkeit der IMRT-Bestrahlung sogar, dass die technischen Innovationen im Bereich der Strahlentherapie letztlich nur unselbständige „Varianten“ einer Bestrahlung am Linearbeschleuniger nach den GOÄ-Ziffern 5836 und 5837 seien. Abgesehen davon, dass bei dieser Vergütung die moderne Strahlentherapie nicht zu finanzieren wäre, ist dieser Ansatz auch gebührenrechtlich falsch, wie auch eine aktuelle Entscheidung des Amtsgericht München vom  12.12.2018 (– 262 C 18626/17 –) zeigt.

Das Amtsgericht München bestätigte in der Entscheidung die selbständige Abrechenbarkeit der GOÄ-ziffer 5855 gem. § 6 Abs. 2 GOÄ für den Einsatz eines Femtosekundenlasers im Rahmen einer Katarakt-Operation, auch wenn die Leistung prinzipiell von der Zielleistung der GOÄ-Ziffer 1375 umfasst ist. Das Gericht vertritt dazu die Auffassung, dass die analogen Anwendung der GOÄ-Ziffer 5855 nach § 6 Abs. 2 GOÄ nur dann nicht möglich wäre, wenn die Leistung bei der letzten  Änderung der GOÄ im Jahr 1996 bekannt gewesen wäre, was für den Femtosekundenlaser aber nicht gilt. nach dem Amtsgericht München kann der analogen Abrechnung für den Lasereinsatz nicht entgegen gehalten werden, dass § 6 Abs. 2 GOÄ die entsprechende Abrechnung ärztlicher Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, lediglich für selbständige ärztliche Leistungen vorsieht. Da aufgrund des in § 4 Abs. 2a GOÄ festgelegten Zielleistungsprinzips unselbständige Leistungen grundsätzlich nicht gesondert berechenbar sind, bedarf es normalerweise keiner gesonderten Regelung für die analoge Abrechenbarkeit unselbständiger Maßnahmen. Berücksichtigt man aber die Systematik der GOÄ, wonach unselbständige Teilleistungen gemäß dem Zielleistungsprinzip nicht gesondert berechenbar sind, und hält sich andererseits, den Willen des Gesetzgebers vor Augen, eine unausgewogene Entlohnung ärztlicher Leistungen aufgrund des Umstandes, dass heute übliche Maßnahmen nicht angemessen honoriert werden können, weil sie bei der Novellierung der GOÄ noch nicht bekannt waren, so ist § 6 Abs. 2 GOÄ nach seinem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass eine Analoganwendung auch dann möglich ist, wenn eine in der GOÄ abgebildete ärztliche Maßnahme, wegen des Zielleistungsprinzips nicht gesondert berechnungsfähig wäre.

Das Gericht weist ferner darauf hin, dass  es rechtlich irrelevant ist, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers erheblich teurer ist, als die Operation von Hand. Anders als im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung existiert im Recht der privaten Krankenversicherung keine gesetzliche Regelung, die den Versicherten verpflichtet, im Interesse seiner Krankenversicherung eine kostengünstigere Behandlungsalternative zu wählen.

Der Entscheidung des Amtsgericht München ist zu zustimmen. Sie entspricht auch der Sysematik der anwendung des sog. Zielleistungsprinzips gem. § 4 Abs. 2a GOÄ durch den BGH. Dieser hat schon in seiner grundlegenden Entscheidung ohne Rücksicht auf die Slebständigkeit einer Leistung eine analoge Anwendung einer Gebührenziffer zur Schließung einer Regelungslücke angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2004 – III ZR 344/03 –) und damit deutlich zu erkennen gegeben, dass die Analogiebildung nach § 6 Abs. 2 GOÄ nicht auf selbständige Leistungen beschränkt werden kann, sondern auch der technischen Weiterentwicklung medizinischer Verfahren Rechnung tragen kann.

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