Dabei zeigt sich in den gerichtlichen Verfahren leider immer wieder, dass die Gerichte die richterlich vorzunehmende Ermessenskontrolle vollständig an die medizinischen Sachverständigen delegieren und sich in Beweisbeschlüsse die Frage wiederfindet, ob die Abrechnung des jeweiligen Steigerungsfaktors „angemessen“ sei, womit letztlich eine Rechtsfrage durch den medizinischen Sachverständigen beantwortet werden soll. Durch entsprechende Beschlüsse fühlen sich die medizinischen Sachverständigen dann auch dazu berufen, berufspolitische Stellungnahmen bzw. gebührenrechtliche Auffassungen zu der ihrer Ansicht nach „angemessenen“ Vergütung vorzulegen, die in der Sache keiner Partei weiterhelfen.
Umso erfreulicher ist eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Heidelberg vom 17.08.2021 (- 26 C 302/20 -), dass die Abrechnungsempfehlungen des BVDST e.V. allein aus rechtlichen Gründen abgelehnt hat. Weiter lesen
In mehreren gerichtlichen Verfahren streiten sich privatversicherte Patienten mit ihren Krankenversicherungen um die Erstattung ihrer Kosten für aufwendige radioonkologische Behandlungen, weil der PKV-Verband seinen Mitgliedsunternehmen aufgrund einer Vereinbarung mit dem Bundesverband Deutscher Strahlentherapeuten (BVDST e.V.) selbst für aufwendige intensitätsmodulierte Strahlentherapien (IMRT) lediglich den 1,3fachen Steigerungssatz der GOÄ-Ziffer 5855 erstattet.
Da von dieser Vereinbarung des PKV-Verbandes mit dem BVDST e.V. keinerlei Rechtsverbindlichkeit ausgeht, wehren sich zahlreiche Leistungserbringer, insbesondere die radioonkologischen Zentren an Krankenhäusern der Maximalversorgung gegen dieses Preisdumping des PKV-Verbandes in entsprechenden gerichtlichen Verfahren.
In einem aktuellen Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach (- 22 C 296/19 -)hatte das Gericht bereits sehr deutlich darauf hingewiesen, dass für die Bestimmung des zulässigen Steigerungssatzes nach § 5 GOÄ ausschließlich die Vorgaben der GOÄ anzuwenden wären und daher die Abrechnungsvorgaben des PKV-Verbandes und des BVDST e.V. schlicht keine Bedeutung haben. Vielmehr sei für eine durchschnittlich aufwendige und schwierige IMRT-Bestrahlung nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BGH auch die Abrechnung eines 1,8fachen Steigerungssatzes begründbar, so dass die Abrechnung eines 1,5fachen Steigerungssatzes für die komplexe Bestrahlung eines Hirntumors auf keinen Fall zu beanstanden sei. Dem Urteil mit der entsprechenden Begründung war von Seiten der Leistungserbringer mit Interesse entgegengesehen worden. Weiter lesen
Ärztliche Wahlleistungen sind nach § 17 Abs 1 KHEntgG mit dem Patienten vor Leistungserbringung schriftlich zu vereinbaren. Der Abschluss einer solchen Wahlleistungsvereinbarung ist regelmäßig bei privatversicherten Patienten im Rahmen einer Notfallbehandlung nicht möglich. In der Praxis wird die Wahlleistungsvereinbarung daher oft von vollmachtlosen Mitarbeitern des Krankenhauses unterzeichnet, die der Patient dann nachträglich nach entsprechender Aufklärung genehmigt.
Die Kostenträger halten dieses Vorgehen insbesondere dann für unzulässig, wenn zusätzlich aufgrund der Abwesenheit des Wahlarztes durch den vollmachtlosen Vertreter zusätzlich eine individuelle Vertretervereinbarung unterzeichnet wird und der Patient auch über die Vertretung im Nachhinein aufgeklärt wird. Die Rechtsprechung des BGH sieht für entsprechende Vereinbarungen über die Vertretung des Wahlarztes allerdings gerade eine Pflicht zur frühzeitigen Information des Patienten über die Vertretung vor (Vgl. dazu BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –).
Das Landgericht Bielefeld hat in einer Entscheidung vom 14.06.2019 (- 4 O 21/18 -) das Vorgehen der Krankenhäuser über eine vollmachtlose Vertretung und die nachträgliche Genehmigung durch den Patienten gebilligt. Weiter lesen
Die Auseinandersetzungen um die Abrechnung der intensitätsmodulierten Strahlentherapie (IMRT) dauern an, wobei der Fokus der privaten Krankenversicherungen nun auf die Durchsetzung eines rechtswidrigen Pauschalpreises liegt, den der PKV-Verband mit dem Berufsverband der Deutschen Strahlentherapeuten e.V. (BVDST) im Jahr 2020 vereinbart hat. Danach sollen alle IMRT-Bestrahlungen mit einem einheitlichen Steigerungssatz von 1,3 abgerechnet werden, unabhängig von den Bedingungen des einzelnen Behandlungsfalles, was einen klaren Verstoß gegen die Vorgaben des § 5 Abs. 2 und 3 GOÄ darstellt.
Dazu sind zahlreiche gerichtliche Verfahren anhängig, weil sich viele Strahlentherapeuten gerade für komplexe Bestrahlungsfälle gegen diese Absenkung des vom Verordnungsgeber vorgegebenen Gebührenrahmens wehren. Weiter lesen
Kaum scheint die Auseinandersetzung um die Abrechnung der intensitätsmodulierten Strahlentherapie (sog. IMRT) nach der GOÄ geklärt, taucht bereits das nächste Problem auf. Denn aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung im Bereich der Radioonkologie stehen schon die nächsten gebührenrechtlichen Streitigkeiten an. Denn zunehmend findet auch die sog. Protonentherapie bei Krebspatienten Anwendung, deren Durchführung noch deutlich aufwendiger ist als bei der IMRT. Die Kosten dieser Behandlung liegen aufgrund des deutlich höheren technischen Aufwands bei mehr als dem Doppelten der Kosten der IMRT. Die Leistungserbringer sind daher dazu übergangen, die Behandlung mit dem zweifachen Ansatz der GOÄ-Ziffer 5855 nach § 6 Abs. 2 GOÄ abzurechnen.
Dies stößt auf wenig Begeisterung bei den Kostenträgern, so dass die ersten gerichtlichen Auseinandersetzungen nicht lange auf sich warten ließen. Bedauerlicherweise zeigt sich an den ersten Entscheidungen zu dieser Thematik, die gleiche Problematik wie in den Verfahren zur Abrechnung der IMRT. Die Anwendung der veralteten GOÄ und die Bildung von Analogien nach § 6 Abs. 2 GOÄ bereitet den Gerichten erhebliche Probleme, wie die völlig verfehlte Entscheidung des LG Berlin vom 13.09.2019 (– 23 O 171/17 –) zeigt. Weiter lesen
Die zunehmende Spezialisierung in der Medizin hat gerade bei großen Universitätskliniken dazu geführt, dass leitende Arzt nicht mehr der „bestqualifizierte“ Arzt für alle Gebiete seiner Klinik ist, so dass viele Krankenhäuser dazu übergegangen sind, in ihren Kliniken Subspezialisierungen zu bilden und für diese die qualifizierten Oberärzte als zuständige Wahlärzte nach § 17 KHEntgG zu benennen (sog. Mehrwahlarztsystem).
Dieses Mehrwahlarztsystem stieß auf wenig Verständnis bei den Kostenträgern, die in diesem Mehrwahlarztsystem einen Verstoß gegen § 17 KHEntgG erblickten und den Krankenhäuser unterstellten, lediglich die Zahl der Wahlärzte beliebig zu erhöhen.
In einem von uns geführten Verfahren hat das OLG Karlsruhe mit einem lesenswerten Beschluss vom 18.01.2021 (– 13 U 389/19 –) die Ansicht einer Krankenversicherung zur Unwirksamkeit einer Wahlleistungsvereinbarung mit einem Mehrwahlarztsystem für eine kardiologische Spezialklinik zurückgewiesen und nach § 522 Abs. 2 ZPO angekündigt, die entsprechende Berufung der Krankenversicherung zurückzuweisen, so dass diese die Berufung auch zurücknahm. Weiter lesen
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