Der BGH hat in einer Entscheidung vom 08.02.2022 (- VI ZR 409/19 -) noch einmal herausgestellt, dass auch bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes nicht allein deshalb nicht ins Gewicht fällt, weil die ärztliche Tätigkeit auf das Wohl des Patienten ausgerichtet sei.
Hintergrund der Entscheidung war eine behandlungsfehlerhaft verspätet durchgeführte Herzkatheteruntersuchung, die zeitnah zum Tod des Patienten geführt hat. Die Berufungsinstanz hatte den Hinterbliebenen aufgrund der Kürze der Behandlung lediglich ein Schmerzensgeld von 2.000,00 € zugebilligt und dazu ausgeführt, dass das Maß des den behandelnden Ärzten vorzuwerfenden Verschuldens bei der Abwägung zur Höhe des Schmerzensgeldes regelmäßig nicht im Vordergrund stehe, so dass allein ein grober Fehler noch nicht schmerzensgelderhöhend sei. Maßgeblich bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in Arzthaftungssachen sei nicht die Genugtuungs-, sondern die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes, weil bei einem auch fehlerhaft handelnden Arzt regelmäßig das Bestreben im Vordergrund stehe, dem Patienten zu helfen, und nicht, diesem Schaden zuzufügen. Weiter lesen
Hintergrund der Entscheidung war die Implantation einer hergestellte Bandscheibenendoprothese des Typs „Cadisc-L“, die vollständig aus Kunststoff gefertigt war und anders als die übrigen am Markt gebräuchlichen Implantate keinen äußeren Titanmantel aufwies. Allerdings wurde dieser Prothesentypspäter vom Hersteller zurückgerufen. Aufgrund von Problemen, musste die Prothese auch beim klagenden Patienten ersetzt werden, der insbesondere einwandte nicht vollständig über die Neuartigkeit des Prothesentyps aufgeklärt worden zu sein. Der Arzt verteidigte sich auch mit dem Hinweis, dass selbst bei vollständiger Aufklärung, der Patient auf jeden Fall in die Behandlung eingewilligt hätte (sog. hypothetische Einwilligung).
Dieser Argumentation folgte der BGH aber nicht. Weiter lesen
Die Aufklärungsverpflichtung des Arztes umfasst immer auch die Aufklärung über Behandlungsalternativen, denn der Patient soll in die Lage versetzt werden, selbständig zu entscheiden, welche Behandlung er unter Berücksichtigung verschiedener Risiken und Nutzen bevorzugt.
In der Rechtsprechung wird die Aufklärungspflicht des Arztes über die Behandlungsalternativen aber teilweise verneint, wenn für den Patienten keine „echte“ Behandlungsalternative zur Verfügung steht, was dann von der medizinischen Bewertung abhängt, ob die Behandlungsalternative mit vergleichbaren Chancen und Risiken verbunden ist (OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2020 – 4 U 905/20 –). Diese Beschränkung der Aufklärungspflicht des Patienten durch eine medizinische „Vorbewertung des Sinnvollen“ ist durchaus problematisch und wird erfreulicherweise in einer aktuellen Entscheidung des OLG Köln vom 28.042021 (– 5 U 151/18 –) auch kritisch gesehen. Weiter lesen
Insbesondere in Arzthaftungsverfahren stellt sich immer wieder die Frage, ob die Kosten für die Einholung von Privatgutachten im Rahmen der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen sind. Diese Frage stellt sich nicht nur für die klagende Patientenseite, sondern gerade in komplexen Verfahren auch für die Arzt- und Krankenhausseite.
Bei der Arzthaftung ist aufgrund der oft schwierigen Beweissituation des Patienten durch die Rechtsprechung anerkannt, dass an den Vortrag des Patienten zum Vorliegen eines Haftungsgrunds nur mäßige Anforderungen zu stellen sind und eine im Zivilrecht sonst nur selten anzunehmende weitgehende Pflicht des Gerichts besteht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.
Umstritten war, ob diese Regelungen auch für die Begründung der Haftung eines Arztes in seiner Rolle als gerichtlicher Sachverständiger nach § 839a BGB gelten. Diese Sonderstellung des klagenden Patienten bei einer Haftung des medizinischen Sachverständigen hat der BGH nun in seinem Beschluss vom 30.01.2020 (- III ZR 91/19 -) aber abgelehnt. Weiter lesen
Die wirtschaftliche Aufklärungspflicht des Arztes ist seit Jahren in § 630c Abs. 3 Satz 1 BGB festgeschrieben. Die Anwendung der Vorschrift bereitet der Praxis nach wie vor Probleme, insbesondere weil die Unsicherheiten über die Erstattung von Behandlungskosten im Bereich der privaten Versicherung von vielen Ärzten nicht überblickt werden.
Umso mehr ist zu begrüßen, dass der BGH in seiner aktuellen Entscheidung vom 28.01.2020 (- VI ZR 92/19 -) einige wichtige Grundsätze für die Reichweite der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Arztes aufgestellt hat. Weiter lesen
In Krankenhäusern und Pflegeheimen stellt sich unter haftungsrechtlichen Aspekten immer wieder die Frage, welche Anforderungen bei einer bekannten Sturzneigung des Patienten zur Sturzprophylaxe gelten.
Das Haftungsrisiko ist unter dem Gesichtspunkt des vollbeherrschbaren Risikos für die Einrichtungsträger hoch, wobei mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte des Patienten aber auch keine ständige Überwachung gefordert werden kann. Diese wär in der Praxis auch nicht zu leisten.
In einer aktuellen Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 18.09.2019 (- 7 U 21/18 -) werden die notwendige Abwägung noch einmal thematisiert und die Grenzen der Haftung des Einrichtungsträger präzisiert. Weiter lesen
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